Vorletzten Sonntag machten wir einen Ausflug nach Sindara. Die Ortschaft liegt um die 60 km von Lambarene entfernt und ist wegen eines ehemaligen Klosters und einer "cascade" sehenswert. Marie, die neue französische Buchhalterin darf die 4x4 der Administration benützen und lud uns auf diesen Ausflug ein. 60 km erscheinen nicht weit, aber wenn man bedenkt, dass nur ein geringer Teil der Strasse dorthin geteert ist und der grösste Teil entweder so voller Schlaglöcher ist, dass auch 20km/h noch viel zu schnell sind oder die Strasse vom vielen Regen ein einziger Matsch ist, wird schnell klar, dass man gut und gerne 3-4 Stunden dafür braucht.
Da Marie noch nicht allzu viel Übung mit dem 4x4 hatte, schaffte sie es auch noch, ihn irgendwo "en brousse" zu "planter". Eine im 7. Monat Schwangere (barfuss) und ihr Mann halfen uns, ihn wieder rauszukriegen. Wir haben sie dafür dann auf der Ladefläche ein Stück weit Richtung ihr Dorf mitgenommen, und ich schenkte hr mein als Ersatz mitgenommenes T-Shirt.
Obwohl wir abends reichlich erschöpft nach Hause kamen, bemerkte ich schon da, dass die 2 Memory Sticks vom Tisch verschwunden sind, die am Morgen noch dalagen. Da ich annahm, dass ich sie selbst irgendwo verlegt hatte, schaute ich nicht weiter nach, sondern ging schlafen. Am nächsten Abend merkte ich jedoch, dass noch einiges anderes fehlte, u.a. der kleine Weltempfänger, der ipod von Kenneth, Leas Uhr, und aus dem Nebenzimmer Anne-Laures Wecker. Das Geld und die Laptops waren komischerweise noch da. Da alles verschlossen war, als wir nach dem Ausflug zurückkamen, nahmen wir an dass der Einbrecher die Schlüssel gehabt haben musste - insgesamt drei verschiedene. Die Securité selbst? Da ich schon ahnte, wie nervenaufreibend hier ein Gang zur Polizei sein würde, versuchte ich es zuerst mit einem Anschlag und der Bitte, die gestohlenen Sachen während unserer Arbeitszeit zurückzulegen - hat leider nicht gefruchtet. Von Thibault (Administration) bekam ich einen Fahrer, der mich zur Polizei bringen sollte und mit dem ich während der Fahrt schnell ins Plaudern kam. Auf der Polizei wie erwartet Afrika live: ich erklärte, dass ich eigentlich nur eine Bestätigung für meine Versicherung brauchte, dass mir die auf einem Zettel notierten Sachen gestohlen wurden. Zuerst wurde ich vom demonstrativ desinteressierten Commissaire des langen und breiten ausgefragt, ob ich oder meine Zimmerkollegin mit Sicherheit keinen Liebhaber reingelassen hätte, der uns hätte beklauen können, danach fand er, ich müsse zuerst eine plainte schreiben; ich könne das hier auf dem Polizeiposten oder sonst wo machen. Wir entschieden uns, es gleich sofort auf dem Posten zu schreiben - die hatten aber kein Papier. Tja, so fuhren wir wieder in die Stadt runter zu einem Zeitungsladen, wo Jean-Guérain, der Fahrer, einen frère traf (..was heisst, irgendein Bekannter der gleichen Ethnie, aber keineswegs sein richtiger Bruder), der Journalist ist. Dieser stieg straks in sein Auto und guidete uns zum Haus der Stadtverwaltung, wo wir irgendwo in einem völlig überklimatisierten Raum mit überdimensioniertem Schreibtisch landeten. Aber es hatte Papier! Die beiden diktierten mir daraufhin einen vor Schleim triefenden Brief und wir fuhren anschliessend noch kurz bei einem weiteren "frère" vorbei, bevor wir zum Polizeiposten zurückkehrten. Bei diesem frère, der gelangweilt in einem Büro der Telecom vor dem Fernseher sass, geht Jean-Guérin offenbar jeweils vorbei, wenn er gratis nach Europa telefonieren will. Während dem Telefonat fragte mich der Typ aus und wollte am Schluss natürlich wieder ein Rendevous.
Der Commissaire in grüner Militäruniform hockte sich breitbeinig auf einen Stuhl und studierte eine halbe Ewigkeit den Brief. Es war ihm anzusehen, dass er irgendetwas suchte, was nicht korrekt war, und schliesslich stand er auch auf und verlangte, dass ich irgendwo in die Mitte des Papiers noch ein A hinschreiben müsse. Darauf setzte er sich wieder und las weiter. Schliesslich fragte er nochmals, ob mir nur elektronische Geräte abhanden gekommen seien und keine Papiere. Als ich bestätigte, meinte er, er habe mich die plainte schreiben lassen, weil er gedacht hätte, dass mir meine Papiere abhanden gekommen seien. Ouuuuuuuuu! Mir riss langsam der Geduldsfaden und ich erklärte nochmals, dass ich nur eine Bestätigung für meine Versicherung brauche, dass die Sachen weg seien. Wir wurden ins Hinterzimmer zu irgendeinem Typen vor einer Schreibmaschine gebracht, der verlangte, dass ich am nächsten Morgen um halb 8 mit zwei Passfotos wiederkomme.
Da ich nicht davon ausging, dass um halb 8 tatsächlich schon jemand arbeiten würde auf dem Polizeiposten, fuhr ich mit einem anderen Fahrer gegen 9 hin, der mich vor dem Posten ablud. Diesmal war der Chef nicht da, ich müsse später wieder kommen. Ich wollte mich zuerst eigentlich noch eine Stunde in der Stadt rumtreiben und es dann nochmals versuche, fuhr dann aber mit einem Taxi zum Spital zurück - schliesslich hatte ich ja eigentlich zu arbeiten. Und war ausserdem in Spitalkleidung in der Stadt. Justin, der gabonesische Arzt lachte mich aus und meinte, ein Chef arbeite hier sowieso nie vor 11 Uhr. Ich solle sowieso den Chef der spitaleigenen Sécurité fragen - das hätten mir die von der Administration auch am Anfang sagen können... . Wie auch immer - jener kam mit ein paar "Unterhunden" sofort zu unserer Behausung runter und stellte fest, was wir inzwischen auch schon vermuteten, nämlich dass es irgendein Kind war, das per Loch im Dach und über die Moskitogitter-Decken in unsere Zimmer gelangte. Ich gab ihnen nochmals die Liste mit den geklauten Sachen und als ich merkte, dass sie keine Ahnung hatten, was diese sind, bot ich an, Zeichnungen davon anzufertigen. Diese starteten dann eine enquète und fanden kurz darauf tatsächlich einige Stücke. Mein ipod war offenbar schon in der Stadt ein oder zweimal weiterverkauft worden (für lumpige 5'000 CFA) - aber am Schluss hatten sie tatsächlich alles wieder gefunden. Es war leider wieder der Junge, der vor Kurzem schon bei einem Diebstahl im spitaleigenen Lädeli (dem Economat) erwischt wurde - versteckt im Kühlschrank. Vom Direktor per interim (das per interim - andere komische Geschichte...) bekam er einen Zusammenschiss, die Sécurité wurde gelobt und nächsten Freitag werden sie offenbar noch offiziell gelobt, weshalb ich nochmals antraben soll. Thibault von der Administration war sauer, weil die Sécurité natürlich alles hintendurch in eigener Regie "löste" und damit - wie wahrscheinlich auch die folgenden Klauereien unter der "Decke" bleiben, obwohl die meisten Spitalarealbewohner eigentlich genau wussten, was gelaufen ist. Die Administration bekommt dadurch keinen Zugriff auf solches Geschehen und bleibt reichlich machtlos bzw. völlig abhängig von der Sécurité bzw. deren Wohlwollen. Mir wars egal, ich hatte mein Zeugs wieder und die Sécurité bekamn einen Karton Bier von mir gesponsert.
28 November 2006
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