02 Februar 2007

Fete in der Bouka

Nach unseren drei in der Bouka verbrachten Monaten wollten wir die bereits von Anne-Laure vorgeschlagene Fête in der Bouka zu unserem Abschied doch noch in die Tat umsetzen. Da Lea und ich beide CFA-mässig langsam ziemlich auf dem Trockenen sassen, mussten wir uns nach einer eher günstigen Möglichkeit umsehen. Wir kauften Ananas, ein régime de bananes, Getränke, Schokolade, Reis und Gemüse, sowie Yoghourt, Milch, Mehl und Hefe (was wahrscheinlich Backpulver war). Daraus zauberten wir immerhin in Schoggi getränkte Bananen- und Ananas-Stücke, einen Königskuchen, Zopf, Bananencreme, Reissalat sowie eine Guacamole. Der Besucheraufmarsch war zwar nicht riesig und Lea verbrachte den halben Abend im Bett, nachdem sich den Kopf an einem der Doppelbetten angeschlagen hatte und sich bewusstlos auf dem Boden wiederfand, wahrscheinlich mit einer leichten Gehirnerschütterung - Tropenholz ist hart. Dafür trieben unsere gabonesischen Freunde irgendwo ein Tamtam auf und sangen und trommelten mit und für uns. Alles in allem ein gelungener Abend, den ich allerdings im Vorfeld auch noch kompliziert hatte. Wie immer wenn man an Zeit eher knapp ist, hatte ich am Nachmittag eher viel Arbeit in der Poliklinik und im Spital und war danach von der befreundeten Major der Kopp zum Schneider eingeladen worden, weil sie mir noch ein afrikanisches Tenue schenken wollte. Wie halt richtig gabonesisch, trafen wir dann zuerst mal deren Kolleginnen, mit denen wir noch ein Bier tranken und nach dem Besuch beim Schneider fuhren sie mich mit dem Taxi direkt noch in eine Bar, wo es nochmals was zu trinken gab und ich auch noch mit Palmwein abgefüllt wurde. Da sie durchaus wusste, dass ich noch einiges vorzubereiten hatte, verabschiedeten wir uns dann doch "vorzeitig" von den anderen. Leider kam ausgerechnet dann natürlich kein Taxi mehr und wir gingen die Strecke zum nächsten Carrefour zu Fuss, um dort endlich ein Taxi zu finden, das uns zum Schweitzer-Spital fuhr. Lea war verständlicherweise schon ziemlich genervt, weil ich so lange wegblieb und nur noch etwa eine halbe Stunde übrigblieb, um alles vorzubereiten, bevor die Gäste einzutreffen begannen. Mit etwas Improvisation und dem Vertrauen, dass in Gabun sowieso alle zu spät erscheinen, hats dann doch ganz gut hingehauen.

Zwei Tage mit der PMI unterwegs

Über ganz Gabun versuchen die verschiedenen Spitäler möglichst flächendeckend die Betreuug von Kleinkindern, Müttern und Schwangeren zu gewährleisten. Das heisst, von einem Spital aus fährt jeweils eine Mission im Turnus zu den ihm zugeteilten Dispensaires. Ein Dispensaire kann von einem blechumzäunten Gartenhäuschen bis zum Steinhaus alles umfassen. Im 4x4 werden jeweils die wichtigsten Medikamente mitgenommen, Impfstoffe sowie das wichtigste Untersuchungsmaterial.
Jeweils Mittwochs und Donnerstags fährt die PMI des Schweitzer-Spitals aus, an den anderen Tagen arbeitet die PMI am Spital selbst. Normalerweise geht jeweils der/die StudentIn der Pädiatrie mit, seitdem dieser Platz nach Anne-Laures Abreise Ende Dezember freigeworden ist, teilen uns nun Lea und ich die Ausfahrten mit der PMI.
Ich fuhr am Mittwoch Ebel-Abanga und am Donnerstag Bifoun an, beides Ortschaften an der Strasse Richtung Libreville, ca. 1 1/2 Stunden Autofahrt von Lambarene entfernt.
Wie immer kommen wir um ca. 10 Uhr morgens am Dispensaire an, wo meist schon zahlreiche Frauen mit ihren Babys warten. Wenn man Glück hat, helfen sie einem sogar, die ganze Wagenladung an Material in den Dispensaire zu tragen. Danach werden sämtliche Babys und Kleinkinder gewogen, das Gewicht mit Alter in das PMI-Büchlein eingetragen, nach den Ernährungsgewohnheiten gefragt, das Gewicht in die Wachstumskurven eingetragen. So ein beschriebenes Follow-up-Büchlein kostet 1000 CFA, also ca. 2,50 sFr., danach bezahlen die Frauen für das regelmässige Wägen nichts mehr. Zum Wägen werden die Babys ausgezogen, in Stoff-Culottes mit einem Aufhängeriemen gesteckt und an die Waage gehängt, welche ihrerseits entweder an einem Haken oder draussen an einem Baum aufgehägt wird. Die grösseren Kinder werden auf eine Stehwaage gestellt. Diejenigen Kinder, deren Gewicht aus der Wachstumskurve herausgefallen ist, werden heraugepickt, um mit den meist sehr jungen Müttern die Kindsernährung zu besprechen und Tips und Tricks zu vermitteln. Nicht selten hören junge Mütter mit dem Stillen auf, weil sie halt noch zur Schule gehen oder dann en brousse arbeiten gehen und füttern die Babys nur noch 3 mal pro Tag. Die Schoppen werden nicht richtig gereinigt, bei der Hitze natürlich ein Paradies für Keime oder das Kind hat seit Wochen Durchfall.
Anschliessend werden die Mütter aufgerufen, die eine Konsultation für ein krankes Kind wünschen - meistens Fieber, Schnupfen, Husten, Durchfall, also nicht so viel anders als in der Schweiz. Nur, dass bei jedem Fieber ohne auffindbaren Infektfokus für einige Tage Quinine und Fansidar verschrieben wird, Malaria ist ja allgegenwärtig. Und obwohl empfohlen, schlafen längst nicht alle Babys und Schwangeren unter einem Moskitonetz.
Zuletzt werden, falls vorhanden, schwangere Frauen aufgerufen. Nicht selten gelingt es der PMI so an Frauen zu gelangen, die nicht zu den Vorsorgeuntersuchungen ins Spital gehen. In Bifoun wurde uns eine Frau durch eine Nachbarin vorgestellt, die mit ihren 26 Jahren offenbar ca. das 10mal schwanger war, laut ihren Angaben ca. im 5. Monat. Sie erschien leicht debil, lächelte dauernd und schien die meisten unserer Fragen nicht richtig zu verstehen. Mit Hilfe der Übersetzung durch die Nachbarin eruierten wir unter den Schwangerschaften offenbar zwei Aborte und zwei Kindstode (laut Mutter wurden sie gefressen), die Frau lebte offenbar in der Nähe mit einem älteren Mann zusammen. Für die Schwangerschaftsuntersuchungen wird ein Plastiktischtuch auf den Steinboden gelegt, auf das sich die Schwangere hinlegt. Der Fundusstand wird getastet, um zusammen mit dem "date des dernières règles" daraus die ungefähre Schwangerschaftswoche zu bestimmen. Mit einem Hörrohr werden die Herztöne des Kindes zu hören versucht, ergänzt durch eine digital-vaginale Untersuchung. Ausfluss deutet auf einen vaginalen Infekt hin, ca. in der 26. SSW und kurz vor der Geburt gibts eine vorsorgliche Dosis Fansidar gegen den Palu. Im Falle der oben beschriebenen Frau konnten wir überhaupt keinen Fundusstand tasten und die Frau wurde zu einer Konsultation ins Spital bestellt, um erst mal einen Schwangerschaftstest zu machen. Während dem die Konsultationen laufen, impfen die Krankenschwestern die Kinder. Leider sind, als ich mitfuhr, gerade wieder mal einige Impfstoffe ausgegangen, so das die Mütter angewiesen werden mussten, den Impfstoff selbst in einer Pharmacie kaufen zu gehen, in Eis gekühlt zum Spital zu bringen, um ihn dort an das Kind zu verimpfen.
Zuletzt, meist um 2-3 Uhr nachmittags, nach getaner Arbeit, gibts noch ein mitgebrachtes afrikanisches Mittagessen. Salat mit Baguettes, Maniokblätter-"Spinat" mit getrocknetem Fisch, Kochbananen oder Reis beispielsweise. Auf der Rückreise deckt sich die ganze Crew dann meist noch mit den der Strasse entlang auf Blechtonnen angebotenen Bananen-Regimes, Ananas, Erdnüssen, etc. ein, weil sie hier günstiger als in Lambarene selbst sind. Abends sinkt man dann todmüde ins Bett und hofft, dass die ganzen stampelnden, krähenden, in die Culottes pissenden Babys einem nicht auch noch im Schlaf verfolgen. Alles in allem aber eine ganz tolle Erfahrung.